Nach dem II. Weltkrieg waren die Menschen froh, dass sie wieder genug zu essen hatten. Niemand dachte daran, dass sich die Menschen nach Vollkornbrot und Margarine sehnten – wohl eher nach Schnitzel und Spätzle. Denn echtes Vollkornbrot, reine Fruchtsäfte oder vegetarische Pasteten gab es zu dieser Zeit nur im Reformhaus. Insofern kann man die Entscheidung von Adolf Mohring – aus damaliger Sicht – als äußerst gewagt betrachten, 1949 ein Reformhaus in Schwäbisch Hall zu eröffnen.

Familie Mohring in den 1950ern, vlnr: Rose-Renate, Hilde, Günter und Adolf

Der Anfang war nicht einfach. Die Mohrings hatten kein Geld für einen Kühlschrank, und so musste die Margarine und das Sauerkraut im tiefen Gewölbekeller der Zollhüttengasse 4 gelagert werden. Wenn ein Kunde eine Margarine haben wollte, musste Hilde Mohring den Schlüssel holen und in den Keller hinabsteigen. Damals gab es noch keine Selbstbedienungsgeschäfte. Es gab eine Theke im Laden und jeder einzelne Artikel wurde extra für den Kunden aus dem Lager oder aus einem Regal geholt. So zu verkaufen war eine Lauferei und die Beine taten jedem Verkäufer am Abend weh.

Weil es in den 50er Jahren wenige LKW gab, kam die Ware per Bahn. Die Lage des Ladens mit der Nähe zum Bahnhof war ideal. Sohn Günter holte die Waren mit einem kleinen Leiterwagen vom Bahnhof ab. Im Jahr 1955 zog das Geschäft in die Stadtmitte um, wo es Viehmärkte und andere Geschäfte gab. Der Laden wurde vergrößert und die Schwäbisch Haller kamen langsam auf den Geschmack der Reformhausartikel.

Günter Mohring, der eigentlich Ingenieur werden wollte und bereits eine Stelle in Stuttgart bei der Firma Bosch hatte, musste in den Laden wechseln, als seine Mutter Herzprobleme bekam. Die Existenz der Eltern stand auf dem Spiel und so entschied sich der Sohn gegen seinen Traumberuf. In Schwäbisch Hall lernten sich Günter Mohring und Waltraud Dietrich kennen. Da der Laden florierte, konnte die freundliche und aufgeschlossene Waltraud in den Betrieb übernommen werden.

Waltraud und Günter Mohring in den 70er Jahren

Dann kam die Hiobsbotschaft: Der Mietvertrag für die Geschäftsräume wurde nicht verlängert. Adolf Mohring entschied sich, die Obere Herrngasse 3 zu kaufen – damals eine echte Bruchbude mit Fröschen im Lager, aber mit Nähe zum Marktplatz. Sohn Günter hatte jetzt eine Mammutaufgabe vor sich: Er musste den Keller und die Geschäftsräume von Grund auf sanieren. Derweil fand der Laden vorübergehend Platz im Nebenhaus (Obere Herrngasse 5).

Endlich konnten die Mohrings Anfang der siebziger Jahre ihren Laden in den eigenen Geschäftsräumen eröffnen. Der Laden war als Selbstbedienungsladen gestaltet. Während der Zeit der Ölkrise, als die Leute sparten, stand der Laden kurz vor der Insolvenz. Nur ein Darlehen eines Onkels rettete das Geschäft.

Waltraud und Günter bekamen zwei Kinder, die mittlerweile beide im Geschäft sind. Tochter Ilona Mohring und ihr Ehemann Karlheinz Werner renovierten im Jahr 2001 das Geschäft und gestalteten es so, damit sich die Kunden richtig wohlfühlen können. Im Jahr 2012 ging der Online-Lieferservice www.naturpaket.de an den Start – eine Idee von Sohn Jürgen.

Die Ideale der Reformbewegung waren vor über hundert Jahren „so naturnah wie nur irgend möglich“, „keine künstlichen Konservierungsmittel“ und „dem Tierwohl verpflichtet“. Diese Grundsätze gelten bei den Mohrings auch heute noch.

Das Reformhaus Mohring tritt auch gegen Lebensmittelvernichtung ein. Waren mit kurzem Mindesthaltbarkeitsdatum werden selbst verbraucht oder verschenkt. Der Betrieb hat zu 100% Ökostrom. Auch die Mitarbeiter sind fast alle seit Jahrzehnten mit dabei und fühlen sich in dem Familienbetrieb wohl.

Das Reformhaus hatte bereits in den Fünfziger Jahren demeter-Bauen als Lieferanten für frisches Obst und Gemüse. Und als die Bioszene in den Anfängen war, hatten die Mohrings einen Bio-Frische-Großhändler aus Stuttgart, der jedoch Pleite ging. Firma dennree – damals noch ganz klein – übernahm den Großhändler und beliefert die Mohrings mittlerweile seit Jahrzehnten.  Weitere Großhändler der Mohrings sind die Firma Menson aus Winnenden, Rapunzel aus Legau und Firma Claus aus Baden-Baden.

Die Firma hatte jahrzehntelang einen Bring- und Lieferservice, der jedoch aus Zeitgründen eingestellt werden musste. Das Motto der Mohrings ist „persönliche Begleitung der Kunden in Gesundheitsfragen“. Viele Menschen haben in den über 70 Jahren Firmengeschichte etliche Gesundheits- und Ernährungstipps erhalten. Vielen Menschen konnte man nachhaltig helfen.